Kirgistan

Der Beginn unserer Reise gestaltet sich "holprig". Nicht auf der Straße, sondern schon bevor wir überhaupt auf unseren Motorrädern sitzen.
Hier eine Liste der Ärgernisse.
Vor der Abreise
- Der Pamir Highway ist für uns nicht machbar (siehe Startseite Oriental Times 2015)
- Die Motorräder kommen zwei Tage später als erwartet in Bishkek an. So war mein
Vorausflug hierher umsonst.   
Hiermit wollte ich die Zeit nutzen, um die Motorräder vom Flughafen vom Zoll zu
holen und reisefertig zu machen, damit Claudia zwei Urlaubstage hätte
einsparen können.
Durch die Verspätung verschiebt sich unser Zeitplan einen Tag nach hinten.
- Mein Abflug mit der unschlagbar preiswerten Peg...s Air verspätet sich um Stunden
aber ich bekomme noch meinen Anschlussflug von Istanbul nach Bishkek.....
In Kirgistan
- .....dafür kommt mein Gepäck nicht in Bishkek an. Einen Tag später wird es zu
meinem Homestay nachgeliefert.
- Claudias Abflug mit der unschlagbar preiswerten Peg...s Air verspätet sich um
Stunden, sie bekommt ihren Anschlussflug nicht und sitzt für einen Tag in Istanbul
fest.
- Bis heute musste ich drei Tage tatenlos die Zeit hier in Bishkek totschlagen.
Es kann also nur besser werden und wenn das alle Widrigkeiten waren, die wir auf der Reise haben, ist es gut so.

Als Claudia endlich am frühen Morgen aus Istanbul in Bishkek ankommt, steht uns ein langer Tag bevor.
Mit Artiom und Konstantin, Freunde aus Bishkek, die wir 2007 während der Silkroad kennengelernt haben, geht es zum Cargobereich am Flughafen um, unsere Motorräder zu holen.
Selbst mit Artiom´s russisch sprachiger Unterstützung geht es nicht ohne Probleme ab. Der Zöllner möchte pro Motorrad 100 Dollar, natürlich für seine eigene Tasche, haben. Wenn nicht würde er uns ganz hinten auf eine Warteliste setzen, die sehr lang sei.
Uns bleibt nichts andere übrig und nach harten Verhandlungen einigen wir uns auf 60 Dollar für beide Motorräder. Es ist das erste Mal auf all unseren Reisen, dass wir für staatliche Dienste so etwas tun mussten und wer mich kennt, weiß, dass ich vor Ärger kurz vor dem Platzen war.
Dann geht Alles ganz schnell und zwei Stunden später rollen wir beide in unserem Homestay bei Sergej und Elena ein.
Endlich kann es los gehen, am frühen Morgen des 20.08.2015 machen wir uns auf die 400 km lange Etappe Richtungen Osten zum Issy- Kul, einem See im äußersten Osten Kirgistans, unweit der chinesisch - kasachischen Grenze.
Zu Sowjetzeiten war Alles hier militärisches Sperrgebiet. Fern ab vom Westen testete die Rote Armee in dem 700 Meter tiefen See Torpedos.



Karakol ist ein tristes Städtchen mit alten Sowjetbauten, einem Basar aus Containern und Wellblechhütten sowie kleinen Bauernhäuschen in staubigen Straßen. Irgendwie scheint die Zeit hier etwas stehen geblieben zu sein.
Dennoch findet man einige Europäer, die die unberührte und beeindruckende Berglandschaften besuchen, um zu wandern und zu klettern. Vielleicht kann man hier in den Bergen noch die Ursprünglichkeit entdecken, wie vor 40 Jahren in Nepal.

Es hat die ganze Nacht heftig geregnet und wir sind froh, bei leichter Bewölkung am nächsten Morgen los zu fahren.
Das Südufer des Issy-Kul ist viel wilder und rauer als die Landschaft an der Nordseite. Hier im Süden wechseln sich mal braune steil geschwungene Hügel, mal rote Felswände ab, die an manchen Stellen in das tiefe Blau des Sees eintauchen.
Nur wenigen Örtchen säumen hier die Straße am Ufer.
Ein weiteres Highlight ist der türkisblaue Octo-Tokoy, ein kleiner See kurz vor unserem Tagesziel Kochkor, der von grau braunen felsigen Hügeln eingerahmt ist.

In Kochkor decken wir uns für die nächsten zwei Tage mit ein paar Lebensmittel und Wasser ein und füllen unsere Benzintanks auf. Mit den 33 Liter Fassungsvermögen der KTM und dem Tankvolumen von Claudias BMW, haben wir beide eine Reichweite von 500 km, das ist mehr als ausreichend für die beiden folgenden Etappen.
In den letzten acht Jahren hat sich das Land gerade in den Städten sehr verändert. Vieles ist moderner und westlicher geworden.  Die Überlandverbindungen sind teilweise in sehr gutem Zustand. Die Chinesen versuchen mit dem Bau neuer Straßen alles, um die eigene Exportwirtschaft anzukurbeln und ihre Waren schnell und viel bequemer als früher in die Nachbarländer zu transportieren.
Abseits dieser modernen Handelswege ist jedoch alles beim Alten. 
Nach 50 km biegen wir nach Westen auf die Schotterpiste zum Song-Köl ab. Der See liegt einsam auf über 3000 Meter auf einem Hochplateau. Wie bei einem hohlen Backenzahn ragen rings herum steil geschwungene Hügel und über 4000 Meter hohe Berge empor.



Es ist Claudias erster Offroadtag in Kirgistan. Zunächst geht es leicht kurvig und sanft ansteigend auf 30 km in ein immer enger werdendes Tal hinein. Die Piste ist gut genug, um sich langsam an den Schotter, der in nur wenigen Passagen mit Schlaglöchern durchsetzt ist, zu gewöhnen.
Danach folgen mehrere Serpentinen, über die man die meisten Höhenmeter  zum Hochplateau gewinnt. Obwohl hier und da ein paar größerer Steine zum umfahren sind und einige Pistenabschnitte tiefe ausgewaschene Querrinnen zur Vorsicht mahnen ist es ein absoluter Genuss hier unterwegs zu sein. Immer wieder presche ich mit der KTM voran und ich muss mich selbst ermahnen hier in relativer Einsamkeit nicht zu übermütig zu werden.
Meine KTM, die ich auf Basis einer 690 Enduro R zum Fernreisemotorrad umgebaut habe, ist beileibe nicht das bequemste Fortbewegungsmittel und hängt auch nicht immer sanft am Gas. Doch was ich hier mit ihr erlebe, lässt mich die eine oder andere Unbequemlichkeit schnell vergessen.
Vollgetankt anzüglich des Gepäcks beträgt das Gewicht nur 175 kg, der agile Motor und die straffe Federung tun ihr übriges, um hier auf der 15 km langen Auffahrt unendlich viel Spaß zu haben.
Auch Claudia macht sich prächtig und ich merke, dass sie von Kilometer zu Kilometer mehr Sicherheit bekommt.
Durch einen schmalen Felsdurchbruch auf über 3400 Meter fahren wir gemächlich und staunend dem leuchtend blauen See entgegen.


Unser Ziel ist das Südufer. Über eine stellenweise mit Wellblech überzogene Schotterpiste, auf der wir jedoch schnell unseren Rhythmus finden, gleiten wir mit
50 km/h unserem Lagerplatz direkt am Ufer entgegen.


Als die Sonne untergeht verkriechen wir uns bald in unser Zelt, denn es ist bitterkalt hier oben.
Am nächsten Morgen durchqueren wir die Hochebene Richtung Nordwesten. Ohne einen eigentlichen Pass wirklich wahrzunehmen geht es dann Plötzlich steil in engen ausgewaschenen Kurven nach unten. Oftmals kommen wir nur mit Schrittgeschwindigkeit voran, da wir große Steine in dem steilen Gelände im Zick Zack umfahren müssen. Als wir kurz vor Chaek wieder groben Asphalt unter den Rädern haben, muss ich Claudia meinen größten Respekt zollen.



Als wir in das Suusamyr-Tal abbiegen merke ich, dass ich über die nächsten 80 km falsch informiert war. Wir dachten zunächst in zwei Stunden südlich des Ala-Bel-Passes eine Unterkunft zu finden, doch weit gefehlt. Vor uns liegt eine sandige Piste, die sich das enge felsige Tal hinauf schlängelt. Weicht der Sand, hoppeln wir über Wellblech auf dem kein Fahrrhythmus zu finden ist. Erst gegen Ende der Piste wird es ein wenig komfortabler und wir sind erleichtert auf gutem Asphalt zügig dem 3480 m hohen Ala-Bel-Pass entgegen zu fahren. Wir wollen unbedingt vermeiden die  durchschnittlich 12%, stellenweise 18% steile Abfahrt in der Dunkelheit zurücklegen zu müssen.
Wieder einmal hat es die ganze Nacht wie aus Kübeln gegossen und es tröpfelt noch ein wenig, als wir Richtung Osh, der zweitgrößten Stad ganz im Süden des Landes  aufbrechen.
Bei einer Rast stößt Steven aus Neuseeland mit seiner Gagiva Grand Canyon zu uns. Er ist auf dem Weg von London nach Hause. Er bittet uns sich anschließen zu können, da er wochenlang alleine durch Russland und Kasachstan unterwegs war.

In Osh ist es bereits dämmrig als wir nach langer Suche ein Hotel finden. Lange sitzen wir noch zusammen und tauschen Motorradreisegeschichten aus.
Bevor wir Kirgistan verlassen, besuchen wir noch den größten und schönsten Basar der Landes, der sich über Kilometer am Al-Buura Fluß erstreckt.