Tadschikistan

 

Die Grenzabfertigung nach Tadschikistan verläuft problemlos und zügig. Wir sind im Land des Pamir und Tien Shan Gebirges angekommen. Nach 1200 Reisekilometern treffen wir in der Hauptstadt Duschanbe ein. Nördlich der Stadt ragen die Ausläufer des Pamirs bis weit über 4000 m hervor. Die nächsten zwei Tage werden wir durch diese wilde Gebirgslandschaft über zwei 3000 m hohe Pässe auf, so wie uns gesagt wurde, äusserst schlechter Piste nach Norden fahren. Doch zunächst quartieren wir uns im Hotel Vahsht ein. Von Aussen gleicht es einem Gebäude aus der deutschen Gründerzeit und wäre ein Schmuckstück vieler Kurzentren. Innen jedoch werden wir wieder von der alten Sowjetzeit eingeholt. Schwere alte Samtgardinen, spartanisch eingerichtete Zimmer, lange im Dunkeln endende Flure und wie soll es auch anders sein, wieder mal kein fliessend warmes Wasser in der Dusche. Es wäre sowieso das erste Mal auf unserer Reise. Unser Russisch macht mittlerweile Fortschritte und so kann sich Thomas mit der barschen Babuschka an der Rezeption anlegen, die einen total überhöhten Preis für die obligatorische Anmeldung bei der Meldebehörde fordert. Hier im Zentrum ist Duschanbe eine grüne Stadt mit alten klassischen Gebäuden, grossen Alleen und einer Mixtur traditioneller und moderner Bevölkerung.

Landschaft

Am 28. August verlassen wir Duschanbe Richtung Norden. Zunächst sieht alles gut aus und wir wundern uns ein wenig über die vorhergesagten Strassenverhältnisse. Wir sind guter Hoffnung unser Tagesziel Ajni am frühen Nachmittag zu erreichen. Urplötzlich befinden wir uns dann aber auf einer breiten, jedoch festen und gut befahrbaren Piste, die sich durch ein liebliches, mit grünen Alleen gesäumtes Tal, an einem gemächlich dahinfliessenden Gebirgsfluss entlangschlängelt. In einem Hochtal mit braunen und grünen Almwiesen beginnt der eigentliche Anstieg zum 3372 m Anzob Pass. Immer noch auf Piste schlängeln wir uns in weiten, mit weichem Sand bedeckten Kehren höher. Thomas versucht an den durch LKW herausgefahrenen harten Anliegern durch die Kurven zu fahren, um nicht ständig im Sand stecken zu bleiben. Kurz vor der Passhöhe haben wir einige Kilometer des seltenen und durch die Witterung stark in Mitleidenschaft gezogenen Asphalts unter den Rädern. Vom Pass eröffnet sich ein gigantisches Panorama auf die Vier- und Fünftausender des westlichen Pamirs. Bei der Abfahrt verschlechtert sich die Piste noch mehr. Über lange Passagen kommen wir nur im ersten Gang voran.

Anzob Pass

Der klägliche Rest des alten Asphalts bricht unvermittelt auf den sandigen Boden ab, dabei sind Stufen von mehr als 20 cm zu überwinden. Die wenigen Menschen, die hier oben in den kleinen Bergdörfern leben, sind bitterarm und das spärliche Viehfutter wird mühsam auf den Rücken von Eseln zu den Lehmhütten gebracht. Trotz des unwegsamen Geländes wird die Passstrasse von einigen der unverwüstlichen und geländegängigen Kamaz- LKW befahren. Diese ziehen lange und dichte Staubfahnen hinter sich her und reduzieren die Sicht auf wenige Meter.

Als die Piste sich in einem schmalen Tal verliert und die steilsten Abschnitte hinter uns liegen, denken wir unserem Ziel Ajni nahe zu sein. Von Einheimischen erfahren wir jedoch, dass chinesische Bautrupps versuchen aus der Piste eine Strasse zu machen, was die ganze Sache noch schlimmer macht. Es folgen lange Abschnitte mit grobem Schotter, tiefen Bodenwellen, in denen die KTM halb verschwindet, und grossen Steinen auf der Piste, die nach Sprengungen hier liegengeblieben sind. Erst bei Einbruch der Dunkelheit erreichen wir die staubige und trostlose Ortschaft Ajni. Für die 160 km hierher haben wir 8 Stunden benötigt. Wir sind eingestaubt und mit Schweiss verklebt wie nach einer Paris-Dakar Etappe. Auch die am Vortag noch in schönem Blau leuchtende KTM ist nicht wieder zu erkennen. Doch einmal mehr begeisterte uns das Fahrwerk, das die wirklich harten Passagen klaglos schluckte und der agile Motor, der immer zur Stelle war, wenn es darauf ankam. Trotz des grossen Gewichts liess sie sich fast spielerisch durch kniffelige Abschnitte bewegen.

In Ajni gibt es kein Hotel und so kommen wir in einen Gästezimmer der “Welt-Hunger-Hilfe” unter, die hierein Büro unterhält. Hier treffen wir Alex, einen Kirgisen, der hier ein Praktikum für seine Doktorarbeit absolviert und in Giessen studiert, die Welt ist klein.

Shariston Pass

Am 29. August brechen wir bereits um 05.30 auf, um den 3378 m hohen Shariston Pass zu überqueren und den temporären Sperrungen der chinesischen Bauarbeiter vorweg zu kommen. In einer der ersten Kehren passiert es dann, Plattfuss hinten. Wir unterbauen die Schwinge mit Steinen und Thomas stiefelt mit dem Hinterrad in die etwa 1 Kilometer weiter unten gelegene Ortschaft. Dort holt er den örtlichen Mechaniker aus dem Bett, der den Reifen flickt. Danach mogeln wir uns durch die Absperrung der Chinesen und haben die Piste für uns alleine. Die Verhältnisse sind jedoch ebenso hart, wie am Vortag. Nach der Abfahrt sind wir froh fast jungfräulichen Asphalt unter den Rädern zu haben, doch nach etwa 20 Kilometern ist der Spass vorbei. Die restlichen 100 Kilometer bis Kochand legen wir auf staubiger Wellblechpiste in brütender Hitze zurück.

Landschaft

Wir müssen schlimm aussehen, sind von oben bis unter eingestaubt, von einigen Flussdurchfahrten mit Erde eingeklebt und die Gesichter sind mit Dieselruss überzogen. So ist es nicht verwunderlich, dass man uns im ersten Hotel die Unterkunft mit einem “NJET” verweigert. Auf der Suche nach einem zweiten Hotel kostet es Thomas einiges an Überredungskunst. Als wir dann aber erklären welche Strecke hinter uns liegt erbarmt man sich, ist jedoch so lange skeptisch bis wir frisch geduscht in der Lobby auftauchen.

Am 30. August verlassen wir Tadschikistan und kehren noch einmal nach Usbekistan zurück. In Tadschikistan haben wir über 80% auf Pisten verbracht. Auch hier läuft an der Grenze alles reibungslos. Im usbekischen Teil des weiten Fergana Tals führt die Strasse schnurgerade durch Baumwoll-, Maisfelder und Obstplantagen. Nur weit am Horizont sind schemenhaft im Norden die Ausläufer des Tien-Shan Gebirges und im Süden der Pamir zu erkennen. In Fergana übernachten wir ein letztes Mal in dem so gastfreundlichen Usbekistan.